Sie sind hier: Startseite /Service /Blog
  • Polizisten lösen angeklebten Umweltaktivisten von der Straße

    Wenn's im Straßenverkehr stockt: Was dürfen Autofahrer bei Behinderungen tun?

Dresden, 27. April 2023 | (ks)
 
Dass Autofahrer durch Staus ausgebremst werden, gehört zum Autofahrerleben dazu. Aber das ist nicht das einzige Ärgernis, vor allem in den Städten. In vielen Fällen kommt es vor, dass Autofahrer im Straßenverkehr durch Behinderungen am Weiterfahren gehindert werden. Das reicht vom Falschparken bis hin zu Sitzblockaden durch Aktivisten. Vor allem wer es eilig hat, von A nach B zu kommen, verliert in solchen Situationen schnell die Nerven. Wichtig zu wissen ist, wann Autofahrer zur Selbsthilfe greifen dürfen und welche Maßnahmen erlaubt sind.
 
Die Rechtsprechung zu Behinderung / Parken / Falschparken und Nötigung im Straßenverkehr ist teilweise widersprüchlich. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.
 

Der Klassiker – Behinderung durch Zuparken

Wieder einmal hat ein Falschparker Ihre Grundstückszufahrt versperrt. Oder Sie wollen Ihren privaten Parkplatz nutzen, aber dort steht schon ein anderes Auto. Oder Ihr Auto wurde so zugeparkt, dass Sie auch mit vorsichtigem Rangieren nicht mehr aus der Parklücke kommen. Die Zeit drängt, die Nerven liegen blank. Trotzdem sollten Sie Ruhe bewahren und ein paar Minuten warten, ob der Verursacher zurückkommt. Lautes Hupen ist übrigens verboten. Laut Straßenverkehrsordnung darf nur bei Gefahr gehupt werden.
Information: Was ist Zuparken?
Ein Zuparken im Straßenverkehr liegt nach den gesetzlichen Bestimmungen immer dann vor, wenn das eigene Fahrzeug beim Ein- oder Ausparken oder beim Ein- oder Ausfahren durch andere Fahrzeuge behindert wird. Ist das Zuparken von Vorsatz geprägt, kann es eine strafbare Nötigung des betroffenen Verkehrsteilnehmers darstellen. Dafür müssen allerdings mehrere Umstände zusammenkommen, zum Beispiel, wenn dasselbe Fahrzeug immer wieder an derselben Stelle falsch geparkt wird. Der Umstand, dass ein Autofahrer sich des Falschparkens und damit der Behinderung eines anderen Autofahrers bewusst war, stellt noch keine Nötigung dar.
So, und jetzt muss der freche Falschparker abgeschleppt werden. Strafe muss sein. Aber so einfach ist das nicht. Ihre Handlungsmöglichkeiten hängen davon ab, wo der Falschparker steht - nämlich auf öffentlichem oder privatem Grund.
 

Zugeparkt auf öffentlichem Grund

Werden Sie auf öffentlichem Grund also nicht auf einem Privatgelände oder privaten Stellplatz, zugeparkt, liegt ein Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung vor. Rechtlich handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Zuständig für Falschparker ist daher die Polizei oder das Ordnungsamt. Auf eigene Faust dürfen Sie Falschparker nicht abschleppen lassen. Rufen Sie deshalb immer die Polizei an, damit weitere Maßnahmen eingeleitet werden können. So vermeiden Sie auch, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Die Polizei ahndet eine solche Ordnungswidrigkeit von Amts wegen, so dass der Verursacher ein Verwarngeld erhält.
 
 

Falschparker auf privaten Grundstücken

Auf Privatgrundstücken gilt die Straßenverkehrsordnung nicht. Deshalb ist die Polizei hier für das Entfernen von fremden Fahrzeugen nicht zuständig. Grundstücksbesitzer dürfen zu Selbsthilfe-Maßnahmen greifen, handeln aber auf eigenes Risiko.
Wenn ein Fremder mit seinem Auto unbefugt auf Ihrem Privatgrundstück parkt, verstößt er gegen das Gesetz – und zwar gegen § 858 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) "verbotene Eigenmacht". Denn durch das widerrechtliche Abstellen stört der Falschparker den Grundstückseigentümer "in seinem Besitz". Gleiches gilt für vermietete Parkplätze.
 
In diesem Fall dürfen Sie das fremde Fahrzeug von einem Abschleppdienst abschleppen lassen.
Hinweisschild Privatgrundstück

Das müssen Sie vor dem Abschleppen beachten:

  • Es muss erkennbar sein, dass es sich bei dem Parkplatz um ein Privatgrundstück oder einen Privatparkplatz handelt. Entsprechende Schilder sind in der Regel ausreichend.
  • Sie haben eine Schadenminderungspflicht. Sofern möglich, müssen Sie den Verursacher vor dem Abschleppen kontaktieren. Zum Beispiel weil Sie ihn kennen oder weil eine Telefonnummer hinter der Windschutzscheibe erkennbar ist.
  • Sie müssen dem Abschleppunternehmen die Kosten vorschießen. Sie als Auftraggeber zahlen zunächst. Das Geld können Sie sich anschließend vom Verursacher zurückholen, notfalls einklagen. Verantwortlich ist hier der Halter des PKW und nicht der Fahrer.
  • Um Ihre Ansprüche geltend machen zu können, sollten Sie den Verstoß unbedingt mit Fotos dokumentieren.
  • Da es sich um eine sogenannte Selbsthilfe-Maßnahme handelt, muss das Abschleppen "sofort" erfolgen. Die Rechtsprechung definiert die Zeitangabe sofort als so schnell wie möglich nach objektiven Maßstäben. Es muss ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zur Besitzstörung bestehen. Bedeutet: Steht das Auto bereits etliche Stunden oder gar Tage unberechtigt auf Ihrem Parkplatz, dürfen Sie es nicht mehr abschleppen lassen.
 

Falschparker blockiert Grundstücksein- und ausfahrt

Unübersichtlicher sind die Handlungsmöglichkeiten bei unberechtigtem Parken auf Stellplätzen sowie vor oder in Grundstücksausfahrten.
 
Wenn ein Fahrzeug die Ein- oder Ausfahrt zu Ihrem Grundstück blockiert und dabei auf Ihrem Privatgrundstück steht, können Sie es abschleppen lassen. Die Polizei ist - siehe oben - für Privatgrundstücke nicht zuständig. Auch hier sollten Sie verhältnismäßig vorgehen und, wenn möglich, das Fahrzeug lieber wegschieben.
 
Mann sitzt genervt im Auto
Steht das behindernde Fahrzeug auf einer öffentlichen Straße, müssen Sie sich notgedrungen zunächst ein freien Parkplatz in der Nähe suchen. Dann können Sie die Polizei/das Ordnungsamt anrufen, damit der Falschparker eventuell abgeschleppt oder umgesetzt wird. Die Polizei hat dabei einen Ermessensspielraum. Die getroffene Maßnahme muss verhältnismäßig sein und die Kosten müssen – auch wenn Sie Geschädigter sind – so gering wie möglich gehalten werden. Die Polizei wird vermutlich abschleppen lassen, wenn der Falschparker den fließenden Verkehr oder das Verlassen des fließenden Verkehrs massiv behindert. Eine Abschleppanordnung wird zum Beispiel nicht in Betracht kommen, wenn ein Fahrzeug zwar unberechtigt in einer Zufahrt parkt, der Grundstückseigentümer aber noch problemlos auf sein Grundstück gelangen kann. Gleichfalls wenn "nur" ein Stellplatz für kurze Zeit blockiert wird.
Ähnlich sieht es aus, wenn Sie Ihr Grundstück verlassen wollen. Dazu der ADAC: Wenn Sie Ihr Grundstück verlassen wollen und durch ein am Straßenrand geparktes Auto blockiert werden, wird die Polizei Sie wahrscheinlich fragen, ob Sie wirklich mit dem Auto wegfahren müssen. Wer nur zum Bäcker will, kann das zu Fuß oder mit dem Fahrrad tun. Wenn es sich um eine ernsthafte Behinderung handelt, wird die Polizei den Falschparker abschleppen lassen. Zum Beispiel, wenn Sie in den Urlaub fahren wollen und eine Fähre erreichen müssen. Oder wenn Sie zum Arzt müssen und auf das Auto angewiesen sind.
Information: Falschparker nicht blockieren
Die deutsche Rechtsordnung verbietet Eigenmacht - und das gilt selbst dann, wenn der Betroffene sich nicht anders zu helfen weiß. So dürfen Sie niemanden in seiner Bewegungsfreiheit einschränken. Auch dann nicht, wenn dieser den Parkplatz zu Unrecht in Anspruch nimmt. Wer einen Falschparker vorsätzlich blockiert – etwa indem er seine private Einfahrt versperrt – erfüllt den Straftatbestand der Nötigung. Dies kann eine Strafe nach sich ziehen.
Interessantes Urteil zu erlaubter Selbsthilfe und Schadenersatz
  • Wer ein geparktes Auto wegschiebt, weil es die Zufahrt zu seiner Garage blockiert, ist nicht zum Schadenersatz verpflichtet, wenn eine fahrlässige Fahrzeugbeschädigung entsteht. Das entschied das Amtsgericht München mit einem Urteil vom 13. Juni 2018 (132 C 2617/18).
     
    Hintergrund: Das Automatikgetriebe eines älteren Fahrzeugs war durch das Schalten bei abgezogenem Zündschlüssel beschädigt worden, als der Beklagte das widerrechtlich abgestellte und unverschlossene Auto des Klägers zur Seite schob. Der Kläger hatte mit seinem Pkw und Anhänger die Garageneinfahrt des Beklagten blockiert. Der Kläger verlangte Schadensersatz für Reparatur und Mietwagen in Höhe von 1.332,94 Euro.
     
    Das Amtsgericht wies die Klage ab. Es führte unter anderem aus, dass das Verhalten des Beklagten durch die Selbsthilfe aus dem Besitzrecht gedeckt und daher nicht rechtswidrig sei. Der Kläger habe den Beklagten in seinem Besitzrecht an der Garage gestört, indem er ihm den Zugang versperrt habe, und sei daher zur Beseitigung der Störung verpflichtet. Die Beseitigung der Störung habe der Beklagte selbst vornehmen dürfen, und zwar mit Gewalt, § 865 BGB.
     
    Der Beklagte war auch nicht verpflichtet zu warten. Für ihn sei nicht ersichtlich gewesen, wann der Kläger zum Fahrzeug zurückkehren würde. Die sofortige Erreichbarkeit über eine Handynummer sei auch nicht sichtbar auf einem Zettel hinter der Windschutzscheibe vermerkt gewesen.

Behinderungen durch Demonstranten

Sitzblockaden auf Straßen und Autobahnauffahrten nehmen zu. Demonstranten, wie zuletzt die im Volksmund "Klima-Kleber" genannten Umweltaktivisten, blockieren Verkehrswege und kleben sich zum Teil am Asphalt fest. Die Verkehrsbehinderungen werden nicht nur in Kauf genommen, sondern sind gewollt. Die Aktivisten wollen ihren Anliegen Nachdruck verleihen. Dürfen frustrierte Autofahrer – immer vorausgesetzt, die Polizei ist noch nicht vor Ort – zur Selbsthilfe greifen und Demonstranten von der Straße ziehen?

Zurzeit unklare Rechtslage

Hier kollidiert die Fortbewegungsfreiheit der Autofahrer mit dem Versammlungsrecht der Aktivisten. Beides sind Grundrechte, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Unterschiedliche rechtliche Auffassungen gibt es auch darüber, ob Sitzblockaden erst recht mit Ankleben, noch vom Versammlungsrecht gedeckt sind oder schon eine Nötigung darstellen. Die Rechtslage hierzu ist neu, schwierig und die Meinungen von Juristen und Rechtsexperten gehen auseinander. Was genau blockierten Autofahrenden erlaubt ist und was nicht, kann daher an dieser Stelle nicht beurteilt werden. Wie so oft in der Rechtsprechung käme es auf den Einzelfall und die konkreten Umstände an.
behinderung-straßenverkehr-umweltaktivist-sitzt-auf-fahrbahn
Im Folgenden werden zwei Rechtsauffassungen verschiedener Juristen und Rechtsexperten zum Thema grob skizziert, die in verschiedenen Medien und über Social Media kommuniziert wurden:
 
  • Rechtsauffassung 1 - Die Autofahrer handeln in Notwehr
    Die Autofahrer handelten faktisch in Notwehr und das Notwehrrecht gehe sehr weit. Denn es liege ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf ihre Bewegungs- und Handlungsfreiheit vor. Auch das Losreißen und Wegtragen der Aktivisten sei geeignet gewesen, den Angriff abzuwehren oder zumindest abzuschwächen. Selbst wenn es dabei zu Verletzungen der Demonstranten komme.
 
  • Rechtsauffassung 2 - Nicht jede Handlung ist durch Notwehr gerechtfertigt
    Wenn sich Autofahrer bei einer Klimablockade selbst den Weg freimachen, ist dies keineswegs immer durch Notwehr gerechtfertigt. Sie gehen ein erhebliches Risiko ein, sich strafbar zu machen (Nötigung, gegebenenfalls Körperverletzung). Ob Notwehr vorliegt, hängt vom Einzelfall und der Prüfung verschiedenster Faktoren ab, zum Beispiel ob Nothilfe im Spiel war. Autofahrern kann daher nicht empfohlen werden, Aktivisten von der Straße zu reißen und wegzutragen. Zudem müsse es Autofahrern „stets zumutbar“ sein, einige Minuten auf das Eintreffen der Polizei zu warten.
Grundsätzlich hat nur die Polizei beziehungsweise die Ordnungsbehörde das Recht, eine Sitzblockade aufzulösen, die Demonstranten zum Verlassen der Fahrbahn aufzufordern und weitere Konsequenzen einzuleiten. Wer sichergehen will, sollte Konflikte mit Blockierern vermeiden, auch wenn dies die Geduld des Autofahrers auf eine harte Probe stellt. Laut StVO müssen sich alle Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr so verhalten, dass kein anderer gefährdet oder geschädigt wird. Auch wenn Sie als Autofahrer am Weiterfahren gehindert werden, ist es daher wichtig, besonnen zu handeln und keine unnötigen Risiken einzugehen.
Haben Sie bereits eine  Rechtsschutzversicherung? Kommt es zu Problemen im Zusammenhang mit Behinderungen im Straßenverkehr, ist anwaltlicher Rat nicht teuer, sondern versichert.

Rechtsschutzversicherung

Gut, wenn Sie unsere Rechtsschutzversicherung haben. Wir haben für Ihre Auseinandersetzungen die passenden Produkte und bieten telefonische Rechtsberatung.

mehr...

Betreuer in Ihrer Nähe finden

Betreuer in Ihrer Nähe finden

Service Telefon

Schreiben Sie einen Kommentar

Forum

Diskutieren Sie über diesen Artikel

 
Piktogramm Sprechblase
Nutzername
Noch keine Kommentare vorhanden.